Special Objects

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„Special Objects“ bemüht sich um eine kunsthistorische Perspektive auf die Objektwissenschaft. Werke der Vormoderne werden in der Kunstgeschichte oftmals nach Stil, Form und Funktion in bestimmte Schubladen eingeordnet.

Manche Objekte entziehen sich jedoch durch ihre Besonderheit jeglicher Kategorisierung und Klassifizierung. Der Band von Peter Scholz und Stefan Weppelmann (Hg.) präsentiert eine Auswahl dieser „special objects“ aus Mittelalter und Früher Neuzeit.

 

In der Kunstgeschichte ist in den letzten Jahren ein „object turn“, also eine Hinwendung zu Objekten, zu verzeichnen, der nach den Autoren als methodische Ergänzung der Kunstgeschichte implementiert werden sollte. An dieser Schnittstelle eröffnen sich eine Reihe von Fragen nach den historischen, philosophischen, theologischen und sozialen Dimensionen des Umgangs mit dem Objekthaften. Sowohl in der Wahrnehmung, Handhabung und Semantisierung existierender Objekte als auch in der Konzeption und Gestaltung von neuen.

Die Aufsätze von Armin F. Bergmeier, Björn Blauensteiner und vielen weiteren Fachkundigen gehen diesen Fragestellungen nach und erzählen von Kunst- und Wunderkammern, Flügelälteren, von spezifischen Objekten wie dem Corpus-Christi-Retabel in Doberan oder dem Weiterleben mittelalterlicher Materialsymbolik auf barockem Schausilber.

 

Sie decken einen Zeitraum vom 11. bis zum 18. Jahrhundert ab, mit dem am Beginn eines Prozesses angesetzt wird, an dem theoretische Formulierungen einer Kunstauffassung ausgehandelt werden, die das Kunstwerk im Sinne von ingenium und idea als geistig-intellektuelles Erzeugnis überhöhen und die materiell geschaffene Seite des Werkes unterordnen, wie Scholz und Weppelmann ausführen.  

Die zahlreichen Abbildungen bringen die „special“ Objekte zu den Lesenden und Staunenden nach Hause, während man darüber liest, wie sich Objekte überhaupt definieren lassen – und speziell sind sie durch einen Versuch der Kategorisierung und den Vergleich mit anderen Objekten, die normativen Vorgaben und Erwartungen entsprechen. Es sind „special objects“, die aus der Norm fallen und außergewöhnlich sind.

 

Special Objects
Werke jenseits von Norm und Kanon
Peter Scholz und Stefan Weppelmann (Hg.)
Hirmer Verlag
ISBN: 978-3-7774-3897-9
168 Seiten, 141 Abbildungen in Farbe,

Klappenbroschur
34,90 Euro

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Fotocredits:

Titelfoto: Genua, Herkules im Kampf mit der Hydra, 2. Hälfte 16. Jhd., Kunsthistorisches Museum, Wien, Kunstkammer

Abbildungen:

  1. Unbekannt, Stuttgarter Kartenspiel: Hirsch Königin, um 1427–31, Stuttgart, Landesmuseum Württemberg, Foto: Hendrik Zwietasch
  2. Werkstatt des Meisters des Kaufbeurer Sakristeischrankes, Kaufbeurer Sakristeischrank, um 1490, Bayerisches Nationalmuseum, München, Matthias Weniger
  3. Österreich unter der Enns, Ädikula-Altar mit Seitenflügeln, Detail: Schnitzrelief mit der Befreiung der Gefangenen durch den Hl. Leonhard, um 1520, Belvedere, Wien, Foto: Johannes Stoll
  4. Sebald Bocksdorfer (Bildschnitzer) und Sebastian Scheel (Maler), Georgsaltar, um 1515, Kunsthistorisches Museum, Wien, Schloss Ambras Innsbruck
  5. Süddeutsch/Genua, Korallenkabinett, 2. Hälfte 16. Jhd., Kunsthistorisches Museum, Wien, Schloss Ambras Innsbruck
  6. Hirmer Verlag