Die Grillszene wird immer interessanter. Nachdem man jahrelang nur mit Grill-Bibeln aus dem Hause Weber (der US-Grill-Marke) traktiert wurde, landete mehr und mehr interessante Literatur auf dem Markt. Mit „Grill Gemüse!“ setzte der Schwede Martin Nordin unlängst eine neue Messlatte, was die Innovativität der Zubereitung auf dem Grillrost anbelangte. Nun kommt die Antwort aus Deutschland: Mit Ludwig Mauer und Heiko Antoniewicz haben sich zwei Köche, Mulitplikatoren und Autoren zusammengefunden, die den Barbeque-Gedanken ins oberste kulinarische Level hieven.
Das aufwändig fotografierte und gestaltete Buch „Fine Dining Grill & BBQ“ wurde von Green Egg, dem grünen Ei-förmigen Supergrillproduzenten co-finanziert, so dass man sich nicht daran stoßen darf, die Köche im Buch regelmäßig und fröhlich um einen Green Egg Grill herum stehen zu sehen, wo sie mit allerlei Zangen und Messer hantieren. Müssen denn aber alle auch noch Green Egg-Jacken tragen? Vielleicht ist das doch etwas zu viel des Guten.
Die Gerichte, fotografisch perfekt in Szene gesetzt von Thorsten kleine Holthaus und Hilarius Riese, schmeicheln dem Auge jedenfalls auf feinen Tellern von Stefanie Hering.
Aber zu den Gerichten: Die Kombination aus gehobener Küche und archaischem Garen mit Feuer, Glut, Asche und Rauch ist per se interessant, weil hier zwei Welten zusammentreffen: der Ur-Mensch, nachdem er das Feuer entdeckte, und der Sternekoch.
Heiko Antoniewicz und Ludwig Maurer zeigen in innovativen Gerichten vom Grill jedenfalls wie elegant Outdoor-Küche sein kann. Beef-Brisket mit Mais in Texturen, Rebhuhn auf Topinambur mit gegrillter Sonnenblume, ein Plizgericht aus Teriyaki, Sesam, Shitake und Shiso – diese und viele weiter überraschende Gerichte basieren auf der Zubereitung mit Feuer, Glut, Asche und eben Rauch, den man als Aromageber nicht vergessen darf. Entstanden sind über 50 elegante Gerichte.
Ludwig Maurer und Heiko Antoniewicz beweisen, dass elementares und innovatives Kochen mit hohem Anspruch möglich ist. Nur wie selbst machen? Mal eben auf der Grillparty ist dieser Anspruch auch für geübte Kopisten wohl Illusion, denn neben einem veritablen grünen Grill bräuchte man ebenfalls eine langgezogene Outdoor-Küchenstrecke, bei der der Saucier einen eigenen Tisch für sich reklamieren kann und möglichst nicht von der Seite angesprochen wird.
Aber um das Aufpimpen der Grillparty geht es hier naturgemäß nicht. Mauerer und Antoniewicz möchten das Rad der Entwicklung weiterdrehen, bei dem das archaische Grillen aus dem stumpfen Anbraten von diversen Fleischvarianten aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit auf die Ebene der Kochkunst gehoben wird – was absolut notwendig und ein zu begrüßender Schritt ist, da das Grillen auf offenem Feuer ganz neue Geschmacks- und Aromenwelten bereithält, was gar nicht so bekannt ist (und vor allem der Gemüseküche neue Potentiale bietet). Warum also erst jetzt, fragt man sich. Aber warum wurde der Rollkoffer erst so spät erfunden, obgleich er technisch doch so einfach zu produzieren ist? Die gesellschaftlichen Konventionen spielen eben doch eine zentrale Rolle im Innovationstrichter der Konsumgewohnheiten. Und so liest man gern, wenn der Molekularbiologe Michael Podvinec in Nebenkapiteln von den verschiedenen Temperaturbereichen berichtet und die Hitzewirkung des Grills auf das Gargut erläutert. Wenn bald der Gashahn abgedreht wird, wird es ohnehin notwendig sein, sich der Vorzüge des Feuerkochens zu besinnen..
Fine Dining Grill & BBQ
Ludwig Maurer, Heiko Antoniewicz
Matthaes Verlag
ISBN 978-3-98541-059-0
August 2022
240 Seiten, 247 x 295 mm, fester Einband (mit Lesebändchen)
Mit farbigen Fotos
69,90 Euro
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Fotos von: © Matthaes/Thorsten kleine Holthaus // Moodfotografie: Matthaes/Thomas Pfeiffer