Der grüne Krieg

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Die Weltgemeinschaft hat einen ehrgeizigen Plan zur Rettung ihres Planeten – bis 2030 sollen 30 Prozent der Erdoberfläche unter Naturschutz gestellt werden (Stand 2022). Bei der notwendigen Erweiterung der Naturschutzgebiete liegt der Fokus auf jenen mit der meisten zu schützenden Artenvielfalt, so zum Beispiel im Amazonasgebiet, im Kongobecken und in Indonesien. Über die Verstrickung zwischen der Rettung des Planeten und der Wegnahme von Menschenrechten erzählt Simone Schlindwein in ihrem breit recherchierten Buch „Der grüne Krieg“.

Globaler Naturschutz und die Eindämmung der bzw. Anpassung an die Folgen des Klimawandels sind gerade die wichtigsten Themen überhaupt. Doch wie Schlindwein erläutert, sind Deutschland und andere Länder im Westen mit ihren „Schutzkonzepten“ in Afrika als Geldgeber in Vorgänge involviert, die auf Kosten der Menschen vor Ort gehen. Wie bekannt ist, sind die westlichen Länder maßgeblich für den Klimawandel und das Artensterben verantwortlich. Auch wenn sie bereit sind, die Kosten für die Rettung der Schutzgebiete teils zu tragen und einerseits weltweit immer mehr Naturräume unter Schutz gestellt werden, werden damit andererseits den ärmsten Menschen – die, die in diesen Gebieten im Globalen Süden leben – Großteile ihres fruchtbaren Ackerlandes und Lebensraum weggenommen. Man stellt sich die Frage, wie dies sein kann. Sind Natur- und Umweltschutz nicht ohnehin so mit dem Schicksal der Menschheit verbunden, dass der Schutz beider als Priorität bei weltweiten Maßnahmen gesetzt werden sollte?

Die Ursachen reichen von Kolonialismus und heutigen Finanzierungsproblematiken bis zu Interessen kapitalistische Unternehmen und Gesellschaften. Simone Schlindwein basiert ihr Buch auf jahrelange Recherchen und Interviews im Kongo und in Uganda, wo sie nicht selten unter Lebensgefahr die Situation vor Ort beobachtet und analysiert hat. Sie berichtet davon, wie Nationalparks zu Festungen ausgebaut werden und hochgerüstete Wildhüter immer häufiger Gewalt gegen Indigene und örtliche Bauern anwenden. Wie Rüstungskonzerne westlicher Länder von der Militarisierung des Naturschutzes profitieren.

„Der grüne Krieg“ war für den Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie „Sachbuch“ 2023 nominiert. Es ist, wie Schlindwein im Vorwort schreibt, eine „Bestandsaufnahme der derzeitigen Konfliktlage rund um die Nationalparks“ (13). Und es ist eine Basis für eine Diskussion darüber, wie zukünftig Natur- und Artenschutz gestaltet werden soll. Dass Menschen-, Tier- und Umweltschutz miteinander einhergehen sollten, steht eigentlich außer Frage – aber leider nicht für alle.

 

Der grüne Krieg
Wie in Afrika die Natur auf Kosten der Menschen geschützt wird –
und was der Westen damit zu tun hat
Simone Schlindwein
Ch.links, Aufbau Verlage
ISBN: 978-3-96289-188-6
256 Seiten, Klappenbroschur

Erschienen am 28.03.2023
20,00 Euro

Das Buch ist hier erhältlich.

Coverfoto von: Ch. links