Eierförmiges Objekt mit einer strukturierten, wabenartigen Oberfläche auf einem neutralen Hintergrund.

Klaus Kirchner

Beitrag lesen

In seiner Werkstatt in Hanau entwirft und drechselt Klaus Kirchner formschöne Objekte aus Holz. Dabei arbeitet er die natürliche Schönheit des Holzes heraus und erhält Fehler, Äste, Risse und Überwallungen.

Angelehnt an eine historische Formensprache entstehen bei Klaus Kirchner gedrechselte Gefäße aus Holz – von amphoren- oder korbähnlichen Gefäßen bis zu Kalebassen. Doch anders als ihre Vorbilder werden sie eben nicht aus Ton sondern aus heimischen Hölzern hergestellt.

Für seine Arbeiten nutzt er ausschließlich Holz von Bäumen, welche auf natürliche Weise umgefallen sind, wie etwa durch einen Sturm. So erhielt er von der Unteren Naturschutzbehörde die Erlaubnis, Holz einer Blutbuche zu verwenden, welche im Februar 2020 einem Sturmwind zum Opfer fiel.

Neben der Drechselbank greift Kirchner auf Handwerkzeuge wie Spindel- und Schalenröhre, Drechselmeißel und Ausdrehwerkzeuge zurück, um Holz in ungewöhnliche Objekte zu verwandeln.

Als Betrachter mit räumlichen Vorstellungsvermögen lässt sich erahnen, wie das Gefäß, an denen sich teilweise noch Rinde befindet, einst im Holzstamm gelagert war. Wie ein Archäologe, welcher Fundstücke im Erdreich freilegt, „gräbt“ Kirchner seine Stücke aus dem Stamm. Mittlerweile gehört er auch zur siebenköpfigen Jury des Bundes der Kunsthandwerker.

 

Handwerker in einem Holzatelier, der an einer Drehbank arbeitet, um ein Holzstück zu formen.

 

Was bieten Sie Ihren Kunden? Was suchen Kunden (aus Ihrer Sicht) bei Ihnen?

Zu mir in die Werkstatt und in Ausstellungen kommen Besucher, die etwas ganz Individuelles suchen. Ein formschönes Unikat, das es sonst nirgendwo gibt. In meinem Portfolio finden sich eine Vielfalt von gedrechselten Objekten und Kunstwerken. Darüber hinaus fertige ich auch schöne Dinge aus Holz nach Wunsch des Kunden an. So habe ich vor Kurzem, im engen Dialog mit den Trauernden, individuelle Urnen gestaltet und angefertigt.

 

Drei kunstvolle Objekte aus Holz mit geschwungenen Stämmen und runden, flachen Oberflächen.

 

Was können Sie besser als andere? Oder bescheidener gefragt: Haben Sie bzw. Ihr Unternehmen eine Art Alleinstellungsmerkmal oder besondere Kenntnisse, die ggf. selten sind?

Besonders ist, dass ich fast ausschließlich Holz aus der näheren Umgebung bearbeite, und ich es selbst aufbereite. Ich kenne also die genaue Herkunft meines Arbeitsmaterials. Der Fokus meiner Arbeiten sind Gefäße wie Schalen, Hohlformen und Dosen, wobei ich gerne Techniken verwende, die viel Übung und Geschick erfordern. Zum Beispiel das Aushöhlen von Vasen durch eine enge Öffnung und das Drechseln mit geringen Wandstärken. Meine Vielseitigkeit erlaubt es auch vom kleinen Kunstobjekt bis hin zum großen Gefäß zu skalieren. Meine Vorliebe für die historische Formensprache zeigt sich in Amphoren oder korbähnlichen Gefäßen, immer darauf bedacht die Schönheit des Materials zu zeigen. Bei meinen Facettenobjekten und den Stachelvasen arbeite ich mehr wie ein Bildhauer mit Beitel und Klüpfel. In den hauchdünnen Blumenobjekten steckt viel Konzentration bei der Herstellung und der weiteren Bearbeitung, bei der auch Wasserdampf zum Einsatz kommt.

 

 

Ist das, was Sie tun, typisch für Ihre Region? Prägt das regionale Umfeld Sie und Ihre Tätigkeiten?

Nein, eigentlich nicht. Hanau ist eher als Goldschmiedestadt bekannt. Die Nähe zum Spessart (sowohl Hessischer und Bayerische Teil) und die Parkanlagen sowohl in Hanau als auch der Umgebung sind mir ein guter Materiallieferant.

 

 

Gibt es etwas, für das Ihre Region bzw. Ihr Lebensort besonders bekannt ist?

Hanau ist die Geburtsstadt der Gebrüder Grimm, hier gibt es ein Museum und die Märchenfestpiele. Außerdem ist das Goldschmiedehaus für seine Ausstellungen im Bereich Schmuck und Gerät sehr bekannt. Renommiert ist auch die Zeichenakademie, die seit über 250 Jahren Gestaltung in Metall lehrt.

 

Wo gehen Sie hin, wenn Sie entspannen wollen?

Ich gehe gerne Wandern und seit diesem Jahr spiele ich mit einer netten Gruppe Boule / Petanque. Zudem gehe ich gerne in Museen und erkunde Ausstellungen, denn im Rhein-Main Gebiet gibt es viele hochklassige Orte wie das Städel Museum oder die Schirn Kunsthalle in Frankfurt.

 

Können Sie ein Restaurant aus Ihrem Umfeld besonders empfehlen?

Im Hanauer Ortsteil Steinheim, wo sich meine Werkstatt und Zuhause befinden, gibt es in der Altstadt das MaaÄpplsche, eine Schankwirtschaft für gemütliche Stunden. Dort gibt es regionale Spezialitäten und es werden stets mindestens 10 verschiedene Sorten Äpplwoi (Apfelwein) im Ausschank vorgehalten! Der Äpplwoi ist ja auch ein besonderes Kulturgut, eine Ikone der hessischen Trinkkultur.

 

Gibt es einen speziellen Einzelhandelsladen, den Sie empfehlen können, den es nur in Ihrem Ort (oder in der Region) gibt?

Ganz in der Nachbarschaft gibt es eine kleine Bier-Manufaktur – Staanemer Braukunst, die verschiedene Sorten Bier in kleinen Mengen herstellt. Etwas weiter am Main entlang in Richtung Frankfurt liegt Rumpenheim, dort im Marstall von Schloss Rumpenheim gibt es das Schmuckatelier Uhl, in dem man Schmuck aus Steinen und Mineralien findet. Rumpenheim richtet übrigens auch jährlich die Rumpenheimer Kunsttage an einem Wochenende im September aus. Dabei kann man in einem Rundgang viele verschiedene Stationen mit Kunst und deren Künstlern und Ateliers ablaufen.

 

Haben Sie das Gefühl, dass die Politik mehr für Sie bzw. Ihre Branche tun könnte? Wenn ja, was?

Politik sollte mehr für das Kunsthandwerk tun, Stipendien wie für bildende Künstler wären wünschenswert, ebenso sollte die Gleichstellung von Kunsthandwerker und Künstlern vorangebracht werden.

 

 

Wie ist die Ausbildungssituation in Ihrem Bereich? Finden Sie leicht Nachwuchs? Was vermissen Sie?

Eine Ausbildung zum Drechsler hatte ich als Autodidakt nicht, nenne mich deshalb Holzgestalter, da ich ja nicht nur gedrechselte Objekte herstelle. Soweit ich informiert bin, gibt es nur wenig Nachwuchs und nur noch drei Schulen in ganz Deutschland. Gedrehte Holzteile werden in Zukunft auch mehr von CNC Anlagen erstellt, die handwerkliche Tätigkeit wird verdrängt, schon aus Zeit- und Kostengründen.

 

 

Welches Schulfach sollte es geben, das es noch nicht gibt?

Auf jeden Fall sollte Werken/Basteln in der Schule als Pflichtfach angeboten werden. Ich weiß nicht, ob dies zurzeit noch der Fall ist. Evtl. ein Fach, das Kreativität lernen vermittelt?

 

Hände formen eine Holzskulptur mit feinen Streifen und Löchern, während ein Werkzeug zum Feilen verwendet wird.

 

Wenn Sie für ein Jahr Bürgermeister/in Ihrer Stadt oder Landrat/Landrätin in Ihrem Landkreis wären: Was würden Sie einführen oder ändern?

Ich kann es mir nicht vorstellen, aber ich würde auf jeden Fall mehr Fahrradwege bauen!

 

 

Wenn Geld oder andere Abhängigkeiten keine Rolle spielen würden: Wo würden Sie am Liebsten leben?

Im Prinzip nicht so wichtig wo. In landschaftlich schöner Umgebung, ein Bauernhof mit viel Platz für eine größere Werkstatt und vielleicht Platz für einen Esel ;-)

 

Holzschale mit runder Form und unregelmäßigem Rand, aus hellem Holz mit sichtbarer Maserung.

 

Klaus Kirchner
Darmstädter Str. 36
63456 Hanau

WEBSEITE: Klaus Kirchner