In ihrem kreativen Prozess widmet sich Heide Nonnenmacher dem Thema des Klimawandels. Und während sich die Nattheimer Keramikerin mit Fragen der Zukunft beschäftigt, nimmt auch die Vergangenheit Einfluss auf ihre Arbeiten.
Vor 140 Millionen Jahren befand sich in dieser Gegend das Jurameer. Das Meer vertrocknete, doch das Leben ging weiter. Wie wirkt sich heute der Klimawandel auf unsere Meere und die Korallenriffe aus? Was passiert mit den Bewohnern des Riffs? Wie können sie überleben? In ihren Arbeiten befasst sich Nonnenmacher auf philosophische Art mit den Auswirkungen der Korallenbleiche und dem Aussterben verschiedener Arten.
Dabei greift sie die Formenvielfalt des Riffs auf, formt äußere keramische Hüllen, teils von Hand, und bearbeitet diese mit einer Stachelschweinborste, um ein feines gepunktetes Muster zu erlangen. Inspiriert wurde sie dabei von Teppichkorallen, die vor Jahrmillionen im Jurameer zu finden waren. Für ihre Mixed-Media-Objekte nutzt Nonnenmacher auch verschiedene Papiere, vorzugsweise dünne, langfaserige japanische Papiere, welche sie in einer Mischung aus Wasser und Sodiumsilikat präpariert. So kann das Papier als Glasur genutzt werden – doch das richtige Mischverhältnis ist entscheidend. Denn stimmt dieses nicht, kann es zu Brüchen oder zum Zusammenschmelzen kommen.
Das feuchte Papier wird aufgerollt und Stück für Stück in Form feiner Röllchen aneinandergefügt, bis die Keramikhülle gefüllt ist. Beim Einsetzen werden die Fasern des Papiers leicht nach oben gezogen, um einen flauschigen Duktus zu schaffen. Bei einigen ihrer Arbeiten glasiert Nonnenmacher auch die Innenhaut oder gestaltet sie mit farbigen Porzellanengoben. Nachdem die Objekte zuerst getrocknet wurden folgt anschließend der Brand im 1270 °C heißen Elektroofen.
Nonnenmacher versucht immer wieder die Grenzen des Materials auszuloten, um neue spannende Oberflächen – und teils Illusionen zu schaffen. So wirken die feinen Strukturen ihrer Arbeiten weich, bei Berührung stellt man jedoch fest, dass diese glasig hart sind.
Inspiration für ihre Werke findet sie nicht nur in Nattheims früherer Geschichte, sondern auch auf Reisen. Hier sammelt sie neue Eindrücke und gestaltet auch vor Ort neue Objekte. Immer wieder arbeitet sie mit Keramikern aus anderen Ländern zusammen oder folgt ihren Einladungen, wie etwa nach Sanbao bei Jingdezhen. Die chinesische Stadt ist bekannt für ihre Keramikarbeiten. Als Vorstandsmitglied des „Bund der Kunsthandwerker Baden-Württemberg (BdK)“ organisierte sie alle zwei Jahre eine Keramikausstellung im Schloß Ludwigsburg in der Nähe von Stuttgart.
Was bieten Sie Ihren Kunden? Was suchen Kunden (aus Ihrer Sicht) bei Ihnen?
In meinem Showroom findet man zum einen hauchdünne Porzellanvasen und Kunstobjekte zum Thema Jurameer und Klimawandel. Meine Kunden schätzen diese Arbeiten, da sie einen Bezug zu dem Ort in dem ich wohne und Baden-Württemberg haben. Im Mittelpunkt meines kreativen Prozesses steht das Jurameer, welches vor 140 Millionen in Europa existierte. Das Meer vertrocknete, aber das Leben ging weiter. Formen von ehemaligen Korallenriffen künden von dieser Zeit und inspirieren mich noch jeden Tag. Ich nähere mich dem heutigen Zeitgeschehen, den Folgen des Klimawandels auf die Korallenriffe mit der erschreckenden Auswirkung der Korallenbleiche und des Aussterbens verschiedener Arten philosophisch an und gestalte Formen mit der Intention: Wo kommen die Bewohner des Riffes her? Wo gehen sie hin, wenn das Wasser sich erwärmt oder steigt? Wie können sie überleben oder mutieren? Alle Porzellanarbeiten sind von Hand gebaut und bei 1270 °C gebrannt.
Was können Sie besser als andere? Oder bescheidener gefragt: Haben Sie bzw. Ihr Unternehmen eine Art Alleinstellungsmerkmal oder besondere Kenntnisse, die ggf. selten sind?
Meine künstlerischen Arbeiten werden oft in der Mixed-Media-Technik erstellt und sind absolute Unikate. Meine Porzellanobjekte haben immer verschiedene Oberflächen und Füllungen. Manche erinnern an dünnes Papier, doch es ist Porzellan. Hauchfeines japanisches Papier wird hier in Porzellan getaucht und anschließend gebrannt.
Ist das, was Sie tun, typisch für Ihre Region? Prägt das regionale Umfeld Sie und Ihre Tätigkeiten?
Es ist nur das Thema, das mit meiner Region zu tun hat.
Gibt es etwas, für das Ihre Region bzw. Ihr Lebensort besonders bekannt ist?
Die Petrefakten des Jurameeres sind im Heimatmuseum in Nattheim zu bewundern.
Wo gehen Sie hin, wenn Sie entspannen wollen?
Ich gehe gerne Wandern oder Fahrrad fahren in den Wäldern hier vor Ort.
Können Sie ein Restaurant aus Ihrem Umfeld besonders empfehlen?
Zum einen die Brauereigaststätte Ochsen in Nattheim mit guter heimischer Küche und schönem Biergarten. Zum anderen das Restaurant Wacholder in Heidenheim Schnaitheim ist ein uriges Vintage Lokal mit ausgefallener Küche.
Gibt es einen speziellen Einzelhandelsladen, den Sie empfehlen können, den es nur in Ihrem Ort (oder in der Region) gibt?
Der Bräumarkt bietet heimische Getränke (Nattheimer Biere und Gin) sowie heimische und italienische Produkte.
Haben Sie das Gefühl, dass die Politik mehr für Sie bzw. Ihre Branche tun könnte? Wenn ja, was?
Für mich ist das Kunsthandwerk das Sahnehäubchen des Handwerks. Es geht nicht nur um das Bewahren der vielen Skills in allen Bereichen, sondern auch um Erneuerungen. Da das Kunsthandwerk zum immateriellen Kulturerbe gehört, würde es mich freuen, wenn es hier mehr staatliche Unterstützung gäbe, wie etwa bei Messen und Ausstellungen im Ausland.
Wie ist die Ausbildungssituation in Ihrem Bereich? Finden Sie leicht Nachwuchs? Was vermissen Sie?
Die Keramik ist momentan nicht im Fokus der Auszubildenden. Bei der Ausbildung der Kunsthandwerker wäre es auch schön, wenn es ein cross over zwischen Betrieben und künstlerischer Gestaltung an der Uni geben würde (und eventuelle Praktikas in Betrieben).
Welches Schulfach sollte es geben, das es noch nicht gibt?
Ich wünsche mir schon im Kindergarten und der Schule eine Art Basis-Stimulation für handwerkliches Arbeiten. Dies würde auch einen Gegenpol zu den digitalen Medien bilden. Kunst und handwerkliche Skills sollte man verstärkt auch in der Grundschule unterbringen. Vielleicht sollte es auch ein Handwerksmobil geben, das die Schulen unterstützt.
Wenn Geld oder andere Abhängigkeiten keine Rolle spielen würden: Wo würden Sie am Liebsten leben?
Am Bodensee.
Heide Nonnenmacher
Kirchbergstraße 5
88564-Nattheim