Manufaktur

Inge Gerner Glasgravur

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„Einmal Glas, immer Glas!“, bringt es Inge Gerner auf den Punkt. Sie ist Glasgravurmeister, und ihr geht es wie so vielen, die mit diesem besonderen Werkstoff Glas in Berührung gekommen sind: dem Glasmacher am Schmelzofen, dem Glasbläser an der Flamme, dem Glasmaler am Brennofen, dem Kunstglaser am Zuschneidetisch – das Glas lässt sie einfach nicht mehr los.

Aber was macht die Glasgravur nun so fesselnd? Und was ist Glasgravur? „Da kann man sich Namen ins Glas ritzen lassen“, erklären die Eltern ihren Kindern beim Betreten von Inge Gerners Offener Werkstatt. Das hört sie natürlich und will es schnell besser erklären. Aber selbst jetzt – über 20 Jahre führt sie schon ihren Betrieb – weiß sie nicht so recht wie. So wartet sie geduldig, bis die Besucher nach und nach ihre Arbeiten entdecken:

Da sind feine Kelchgläser mit zarter Federgravur – täuschend echt; wuchtige Sektkelche mit heftig tief gesetzten Schnitten – prickelnd schon beim Berühren; Longdrinkbecher mit schillerndem, geschwungenem Band – in Eisblumentechnik mit Knochenleim erzeugt… Wie entsteht das alles?

Das Glas für ihre Arbeiten bezieht Inge Gerner von namhaften Glashütten oder auch von kleinen Manufakturen. Immer achtet sie auf hohe Qualität und Brillanz des Glases. Das kommt schließlich der Gravur zugute, die von Licht und Reflektionen lebt. Dann lässt sie sich leiten von dem, was ihr das Glas sagt. Denn eine gute Gravur nimmt immer den Charakter und die Form des Glases auf, sie kann ihm keinen eigenen Willen aufzwingen. So entstehen verspielte Einzelstücke aber auch komplette Glasserien, ein Industrieprodukt verwandelt sich in ein Handwerks-stück.

Das Handwerkszeug der Meisterin ist das Graveurzeug. Ähnlich einer Drechselbank ist es aufgebaut. Eine horizontale, rotierende Welle trägt die Spindel mit dem Gravurrädchen. Das kann ein keramisches Rad, ein Kupferrad oder ein Diamantrad sein. Unzählige Größen, Dicken und Profile benutzt sie für ihre Arbeit, denn jeder Schnitt muss genau auf die Form des Glases angepasst sein, wenn sie es unter fließendem Wasser von unten an das Rädchen führt. Schnitt für Schnitt entsteht so der Dekor.

Nur das Graveurzeug kann ihr für ihre Ideen natürlich nicht genügen. Immer wieder greift sie mit „schwerem Gerät“ durch und schafft neue Objekte. Die Glassäge, die Glasbohrmaschine, die Flächenschleifscheibe und die Poliermaschine haben dann ihren Einsatz. Auch ihr Repertoire an Gravurtechniken hat sie stetig ihren Anforderungen angepasst. Die Sandstrahltechnik zum Beispiel, bei der mit präzise erstellten Schablonen gearbeitet wird. Und jetzt auch, endlich aus den Kinderschuhen herausgewachsen, die Lasergravur in einer Technologie der neusten Generation.

Das alles findet in ihrer kleinen Werkstatt mitten auf der Zitadelle Spandau statt, einer idyllischen RenaissanceFestungsanlage am Rande Berlins. Zusammen mit einem Facharbeiter und ihrer Auszubildenden setzt sie individuelle Kundenwünsche um, fertigt moderne Glasserien, lässt Sportpokale in feinster Qualität entstehen, arbeitet Promotionagenturen in Stückzahlen zu oder verfeinert das Sortiment von Glashändlern.

Ach ja, „Namen einritzen“ gehört natürlich auch dazu.