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Hofschmiede Dahlem Torsten Theel

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Der Metallgestalter und Restaurator Torsten Theel auf der Hofschmiede Dahlem ist ein Dinosaurier. Mit Wissen um alte Techniken gehört er wohl zu den letzten, wenigen Individualisten seiner Art.

Dabei war seine Triebfeder nie, einen Hammer in der Hand zu halten. Seine Liebe zum Gestalten begann im Zeichenzirkel. Mit seiner Begabung hätte er auch Bühnenbildner oder Porzellanmaler werden können.  Er blieb beim Metall, seit er in den Schulferien bei Achim Kühn tief beeindruckt in der 1937 in Berlin-Grünau gegründete Werkstatt des Metall-Bildhauers Fritz Kühn stand. Hier durfte er lernen, was anderswo an Bedeutung verlor, weil maschinell Gefertigtes günstiger war. Mit Schmieden (nachgewiesen bis 6.000 v. Chr.) und mit Kupfertreiben hielt Kühn dagegen „(…) weg von der Industrialisierung, hin zur Bildhauerei!“ So restaurierte er ab 1982 den Berliner Dom. Zunächst die vier Meter hohe „Weisheit“ und die „Mäßigung“. Die Neuanfertigung der „Gerechtigkeit“ wurde zu seinem Meisterstück. Zusammen mit der Neuanfertigung des Engel-Kranzes und der Restaurierung der Jesus-Figur arbeitete Theel drei Jahre an den Berliner Großplastiken.

Nach seiner Meisterausbildung entwickelt er im Kollegium Bildender Künstler ab 1986 eigene Formen, die in kraftvollen Entwürfen sichtbar wurden. Sie führten zu den heute typischen Design-Ideen, die ihn seit 1990 als „greenya Ökopionier“ in eigener Werkstatt umsetzt. Die Hofschmiede Dahlem befindet sich auf der Domäne Dahlem, dem ältesten Landgut Berlins. Nur wenige Meter von der U-Bahn-Station Dahlem Dorf weitet sich hier inmitten Stadt der Blick. Theel beobachtet: „Unsere Welt wird immer schneller. Das provoziert Oberflächlichkeit im Sehen und Handeln. Nicht immer steht Qualität im Vordergrund. Ein Widerspruch, denn die Menschen sehnen sich nach echten, originären Dingen.“

Die Hofschmiede Dahlem fertigt ausschließlich individuell nach einer Ortsbesichtigung bei den Auftraggebern. Erst danach beginnt in der Entwurfsskizze oder alternativ im Modell die Auseinandersetzung zwischen Gestaltung und Umsetzbarkeit. Das Ziel ist „sinnliches Metall“. „Erfüllen wir die Vorstellungen eines Auftraggebers oder übertreffen sie sogar, bringt seine Empfehlung neue Kunden. Würden Auftragsbedingungen jedoch dazu führen, dass die Hofschmiede Dahlem nicht stolz auf ihre Leistung sein könnte, müssen wir schon im Erstgespräch diesen Auftrag auch ablehnen.“, formuliert Theel einen besonderen Anspruch.

Seit 1996 ist er anerkannter Restaurator im Handwerk. Die genaue zeitliche Einordnung der Architektur versetzt ihn in die Lage, das zum jeweiligen Baustil passende Metall zu entwerfen und in historischer Technik zu realisieren. Mit dem Wissen um diese traditionellen wie auch um zeitgenössische Techniken, dem Sehen und Verstehen natürlicher Formen und seiner eigenen Vorstellungskraft, mit der Handwerk zur Gestaltung wird, stieß er in den Kreis international anerkannter Metallgestalter. „Metalldesign International“ beobachtet ihn seit 2007 und schrieb damals:

  • Der Restaurator arbeitet in einer Werkstatt mit Inspirationskraft. Seine Schmiede ist eine offene Werkstatt, weil er und seine Gesellen auf der Domäne Dahlem in der Öffentlichkeit arbeiten und die Besucher so an der Entstehung interessanter Arbeiten teilhaben können.
  • Das Spektrum bei Torsten Theels Aufträgen umfasst Neuanfertigungen ebenso wie die Restaurierung historischer Schmiedearbeiten. Dabei kommen je nach Verwendungszweck verschiedene Metalle zum Einsatz wie Stahl, Edelstahl, Kupfer, Messing, Aluminium, aber auch gegossene Werkstücke.
  • Seine Referenzen sind inzwischen namhaft, beispielsweise der wiederhergestellte Sonnenpavillon im Rehgarten von Sanssouci in Potsdam, eine goldene Rosenlaube im Park Babelsberg, mehrere Rokkokogitter für Schloss Rheinsberg, aber auch Kunstprojekte an Gymnasien, etwa das Denkmal »Mit – einander« für gefallene Soldaten in Alt Ruppin oder die Skulptur „Die Forderung“ in Teltow zum Gedenken an den Volksaufstand vom 17. Juni 1953.

Mit seiner Berufsauffassung hat Theel gleichgesinnte Fachleute an seiner Seite. Jedes Jahr bewarben sich reisende Gesellen aus aller Welt, um sich hier weiterzuentwickeln. Und neugierige Jugendliche, die genau dieses erfüllte, echte Leben suchen. Die Hofschmiede Dahlem gibt die Schönheit alter Handwerkstechniken in seiner unnachahmlichen, eigenen Art an die nächste Generation weiter und schmiedet nach wie vor traditionell am offenen Feuer mit Steinkohle. Das ist so selten geworden, dass es an sich schon schützenswert wäre. Die Ergebnisse, oft ausgestellte und publizierte Arbeiten entstehen mit sieben festen Mitarbeitern, „den besten Metallgestaltern Berlins“, wie es seine Überzeugung ist, aber auch im Gedankenaustausch mit Auftraggebern, Architekten, Restauratoren und Kunsthistorikern. 2020 veröffentlichte „Metalldesign International“ erneut ein Portrait über den Metallgestalter und fasst 13 Jahre Weiterentwicklung zusammen:

  • Sein Atelier für Metallgestaltung wurde zur festen Institution und wegen der Kontinuität individueller und qualitätsvoller Schmiedearbeiten zu einem Markenzeichen – in Berlin, aber auch in der Region und im Land.
  • Kunden wissen es zu schätzen, dass die Arbeiten aus der Hofschmiede sich durch intensive Gestaltung, die geleitet ist von Kreativität, und durch handwerksgerechte Ausführung auszeichnen. Die »gestaltende Handschrift« von Torsten Theel spielt dabei eine tragende Rolle
  • Die Nähe zur Bildhauerei und zu deren Art und Weise der Formfindung ist selbst in Details der Arbeiten aus der Hofschmiede Dahlem erkennbar. Es hat sich mit den Jahren und mit den Objekten eine eigene, sehr sinnliche Handschrift entwickelt (…) eine Werte-Gemeinschaft, in der Handwerkerpersönlichkeiten Metall formen.

Ob die Hofschmiede Dahlem neben ihren immateriellen Werten genug wirtschaftliche Stabilität bietet, um in Zukunft aus dem Kreis dieser Handwerkerpersönlichkeiten in der nächsten Generation weitergeführt zu werden, wird sich in den nächsten fünf Jahren entscheiden. Schön wärs.