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Herr & Frau Rio

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Riographie ist kein gewöhnliches Druckverfahren: Verwandt mit dem Siebdruck, konnte sie sich durch ihre leuchtstarken Druckfarben und Umweltfreundlichkeit aus ihrem ursprünglichen, eintönigen Schattendasein des Schnellkopierens in Schulen und Pfarreien lösen. Seitdem entwickelt sich die Risographie immer mehr zu einem gerne gesehenen Gast auf Plakatwänden, in Bücherregalen und Visitenkarten-Etuis.

Wenn Besucher und Besucherinnen das Münchner Risographie-Studio Herr & Frau Rio das erste Mal betreten, sehen sie sich für gewöhnlich suchend um. Wo sind sie denn nun, diese Druckmaschinen, die so interessante Produkte hervorbringen? Zwei graue Kästen – man könnte sie leicht mit ordinären Bürokopierern verwechseln, und das tun viele auch am Anfang – stehen dort an der Wand. So unauffällig die Risographie-Drucker auch aussehen, so auffällig sind ihre Ergebnisse.

Nach ihrem Kommunikationsdesign-Studium machten sich die Freunde Laura Sirch und Sascha Wellm 2015 als Herr & Frau Rio selbständig und nutzen seitdem die Risographie als Mittelpunkt ihrer Arbeit: Sie halten Workshops für alle Altersgruppen, entwerfen und vertreiben Papeterieprodukte und setzen als Druckerei die Wünsche ihrer Kundschaft um.

Doch zurück zum Anfang. Nachdem die Besuchenden die Druckmaschinen entdeckt haben, bekommen sie meist eine kurze Einführung in die Funktionsweise: In Form feiner Löcher wird das Druckmotiv in eine Masterfolie eingebrannt. Diese wird als Schablone auf eine Farbtrommel gespannt, die rotierend die Farbe auf das darunter durchlaufende Papier aufträgt.

Der Grundgedanke der aus Japan stammenden Risographie liegt eher in der Geschwindigkeit als in der Präzision. Deshalb zeichnet sich das Verfahren auch heute noch durch ein charakteristisches Druckbild aus. Zwischen den einzelnen Druckfarben kann es einen leichten Versatz geben, der Farbauftrag insbesondere in Flächen unregelmäßig wirken. Doch genau das macht die besondere Ästhetik der Risographie aus. Kein Wunder, dass die perfekt unperfekten Drucke immer beliebter werden.

Fragt man Laura und Sascha, was sie am Riso-Drucken reizt, dann sprechen sie nicht nur von der augenfälligen Ästhetik und den leuchtenden Farben. Sie sprechen auch von den Eigenheiten, die dieses Druckverfahren mit sich bringt. Denn ohne Tüftelei funktioniert beim Riso nichts. Durch die umweltfreundliche Zusammensetzung der aus Reiskleie-Öl hergestellten Tinten können nur Naturpapiere mit offener Oberfläche bedruckt werden, und die Ungenauigkeiten im Druck wollen bedacht und eingeplant werden. Das bedeutet: Ein intensiver Gestaltungsprozess, bei dem die beiden ihre Kundschaft beraten, inspirieren und begleiten.

Und so lassen sie Verschiedenstes auf und aus Papier entstehen: Postkarten, Bücher, Etiketten, Einladungskarten, Briefhüllen, Speisekarten, Notizblöcke sind nur ein kleiner Teil der Produkte, die sie in ihrem Studio in der Münchner Isarvorstadt fertigen.

Ihre Erfahrung nutzen Herr & Frau Rio und ihr Team auch bei ihren eigenen Produkten: Postkarten, Notizbücher, Kalender und Kunstdrucke werden im selben Haus gestaltet, gedruckt und vertrieben. Dass die Risographie als das umweltfreundlichste Druckverfahren gilt, da beim Drucken weder viel Energie verbraucht noch Chemikalien eingesetzt werden müssen, ist mehr als nur ein schöner Nebeneffekt: Es lässt die Beiden gerne über die Eigenheiten ihrer störrischen Maschinen hinwegsehen.