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Geigenbau Bertrand Bellin

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Bertrand Bellin wurde 1975 in Südfrankreich geboren. Sein Vater war Maler und Assistent von Marc Chagall und Restaurator von Wandmalereien für historische Denkmäler. Seine Mutter war Restauratorin von Gemälden.

Er begann sein Geigenbaustudium in England an der International School of Newark. Nach Erhalt seines Diploms trat er in die Werkstatt des Geigenbauers und weltbekannten Experten Roger Hargrave in Bremen ein, um sich acht Jahre lang der Herstellung exakter Kopien von Instrumenten des klassischen italienischen Geigenbaus des 17. und 18. Jahrhunderts zu widmen. 2008 eröffnete er sein Atelier in Offenburg und beschäftigt sich nun ausschließlich mit der Herstellung von Quartettinstrumenten wie Violine, Bratsche und Cello für barocke und moderne Spielweisen. Die Klientel ist international und besteht zum größten Teil aus professionellen Orchestermusikern sowie einer Reihe von Solisten.

Im Idealfall trifft Bertrand Bellin den Musiker, der eine Bestellung aufgeben möchte, in seinem Studio. Bei diesem ersten Treffen ist es möglich, das am besten geeignete Modell, je nach spieltechnischem, akustischem, ergonomischem und ästhetischem Geschmack im Detail zu finden. Eine Vielzahl von Parametern ist wichtig, um ein Instrument bauen zu können, das den persönlichen Erwartungen des Auftraggebers gerecht wird. Am Ende dieses Austauschs können dann die Materialien ausgewählt werden, die am besten geeignet sind, das gewünschte Ergebnis zu erzielen.

Bertrand Bellin arbeitet allein in der Herstellung seiner Instrumente. Der Herstellungsprozess ist lang und anspruchsvoll: So erfordert eine Geige drei Monate Arbeit.

Oft sind die Instrumente exakte Kopien von populären Modellen von Stradivari, Guarneri oder Amati. Oder aber Interpretationen in der Tradition der klassischen Geigenbauer. Manchmal ist ein persönliches Modell erwünscht und auch das ästhetische Erscheinungsbild kann je nach Wunsch variieren. Entweder komplett neu lackiert oder patiniert und abgenutzt, um das Aussehen eines alten Instruments nachzuahmen.

Ist das Instrument fertig, beginnt ein langer Prozess, in dem es sich durch das Spielen akustisch verbessert. Während des gesamten Lebens des Instruments ist dann eine Nachsorge und Wartung erforderlich, die bestimmte Einstellungsanpassungen voraussetzt, damit es immer das Beste aus seinen Möglichkeiten herausholt und mit dem Musiker, der es benutzt, in Einklang steht.

 

 

Die für die Instrumentendecke verwendete Fichte wird von Bertrand Bellin persönlich in den Dolomiten ausgewählt, wo er sich regelmäßig auf die Suche nach den schönsten Hölzern begibt. Der für den Rest des Instruments verwendete Ahorn stammt aus Bosnien. Diese beiden Quellen sind historisch die gleichen wie die, die damals schon von Stradivarius und den Geigenbauern aus Cremona bevorzugt wurden. Das Holz wird dann ein Jahrzehnt lang natürlich trocknen gelassen, bevor es verwendet wird.

Der Lack wird vollständig von Bertrand Bellin unter Verwendung von Zutaten und Rezepten der klassischen italienischen Tradition hergestellt. Der Lack besteht hauptsächlich aus Leinöl und einigen Harzen wie Kolophonium, Bernstein und Mastix sowie Pigmenten zum Färben: z.B. Krapp oder Cochenille. Dieser traditionelle Öllack ist akustisch am besten, hat aber den Nachteil, dass er sehr empfindlich und zeitaufwändig in seiner Herstellung und Anwendung ist. Eine korrekte Dosierung der verschiedenen Inhaltsstoffe und der UV-Strahlung sind für eine gute Trocknung und Alterung unerlässlich. Dies ist einer der Gründe, warum er vor allem im 19. Jahrhundert auf Kosten der einfacheren und schnelleren Verarbeitbarkeit des Lacks für eine gewisse Zeit aufgegeben wurde, bevor er in jüngerer Zeit wiederentdeckt und von zeitgenössischen Geigenbauern rehabilitiert wurde.

In einer Zeit der Diskussionen über Klimawandel, erneuerbare Energien und Low-Tech-Ansätze scheint es interessant zu erwähnen, dass die Praxis des Geigenbaus, obwohl (oder weil) sie von den Vorfahren stammt, sehr nachhaltig ist.

Alle Arbeiten können vollständig von Hand, und autark, von einer einzigen Person aus natürlichen und nachhaltigen Materialien durchgeführt werden. Da die Instrumente akustisch und immer reparierbar sind, könnten ihre Auswirkungen auf die Umwelt nicht geringer sein.

So werden edle Materialien durch traditionelles Know-How auf virtuose Weise verarbeitet, um Musikern Werkzeuge mit künstlerischem Mehrwert zu bieten, die es ihnen ermöglichen, Emotionen auszudrücken und zu übertragen.