Portrait von Kevin Müller in einem modernen Raum mit Holzdecke und einer Wand mit Waldmotiv. Er steht lächelnd mit versc...

STOWA

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Das Traditionsunternehmen aus Pforzheim blickt mittlerweile auf eine fast 100-jährige Firmengeschichte zurück. Seit 2022 liegt nun die Führung des Unternehmens in Kevin Müllers Händen – mit ihm wird die Digitalisierung des Unternehmens weiter vorangetrieben.

Walter Storz gründete 1927 im Schwarzwälder Hornberg seine Firma. Bereits sein Vater betrieb eine Großuhrenhandlung samt -fertigung. Wenige Jahre später, 1935, wechselte der Unternehmenssitz nach Pforzheim, wo es um ein weiteres Firmengebäude ergänzt wurde.

1940 verpflichtete das Wehrwirtschaftsamt STOWA und weitere Uhrenherstellern, zur Produktion von Beobachtungsuhren, so genannten „B-Uhren“. Ende Februar 1945 wurde das Firmengebäude während einer Bombardierung Pforzheims durch alliierte Flieger zerstört.

Elf Jahre später folgte schließlich der Neuaufbau – vermutlich aus familiären Gründen jedoch im badischen Rheinfelden. Durch den baldigen Wirtschaftsaufschwung wurde das Gebäude mehrfach erweitert. Auch die Fertigungsstätten in Pforzheim wurden wieder aufgebaut.

In STOWAs damaligen Kollektionen fanden sich bezahlbare Uhren mit zeitgemäßen Designs, aber auch elegante Golduhren oder Uhren mit Brillantbesatz für besondere Anlässe. In den 70er-Jahren entwickelte die Firma sogar einen eigenen mechanischen Wecker mit elektronischem Weckruf, damals der kleinste Wecker der Welt.

1996 übernahm der gelernte Goldschmied und uhrmacherische Autodidakt Jörg Schauer schließlich die Firma. Auf der Suche nach alten Uhrwerken erfuhr er, dass STOWA kein Interesse an der Weiterführung der Marke hegte – nach dem er sich verpflichtete, den Ruf der Marke zu wahren, konnte er die Firma samt ihrer Markenrechte übernehmen.

Seit 2005 setzt das Unternehmen konsequent auf den Onlinehandel und beliefert Kunden weltweit. 2022 wurde STOWA Teil der Tempus Arte Gruppe und wird seitdem von Kevin Müller geleitet. Das 95-jährige Markenjubiläum diente als Anlass für ein komplettes Makeover: Prozesse wurden digitalisiert, Produktions- und Durchlaufzeiten so kurz wie möglich gehalten um eine schnelle Lieferung zu gewähren. 2023 zog es die Firma schließlich zurück nach Pforzheim.

 

Zwei Uhren auf Holzstangen: eine mit roséfarbenem Ziffernblatt oben und eine mit grauem Ziffernblatt unten.

 

Was bieten Sie Ihren Kunden? Was suchen Kunden (aus Ihrer Sicht) bei Ihnen?

Wir bieten hochwertige mechanische Uhren, die in unserer eigenen Manufaktur in Pforzheim, der Pforte zum Schwarzwald mit großer Sorgfalt und Leidenschaft gefertigt werden. Unsere Kunden suchen bei uns Authentizität, Handwerkskunst und zeitloses Design – Werte, die seit 1927 fester Bestandteil unserer Marke sind.

Viele unserer Kunden interessieren sich bewusst für mechanische Uhren abseits des Mainstreams. Sie schätzen die klare Gestaltung, unsere historisch inspirierten Modellreihen – etwa die berühmte Fliegeruhr oder die klassische Bauhausuhr Antea – sowie die Transparenz in Bezug auf Herkunft und Fertigung. STOWA steht für eine ehrliche Uhrmacherei, bei der Qualität, Langlebigkeit und eine persönliche Kundenbeziehung im Vordergrund stehen.

 

 

Was können Sie besser als andere? Oder bescheidener gefragt: Haben Sie bzw. Ihr Unternehmen eine Art Alleinstellungsmerkmal oder besondere Kenntnisse, die ggf. selten sind?

Bei uns verbinden sich traditionelle Uhrmacherkunst mit einem direkten, transparenten Vertriebsmodell. Wir vertreiben unsere Uhren schon immer direkt an unsere Kunden – ohne Zwischenhändler. Das ermöglicht ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bei gleichzeitig hoher Qualität und persönlichem Service. Der persönliche Kontakt zu unseren Kunden ist uns dabei sehr wichtig, dies zeichnet uns besonders aus.

Wir sind tief in der Geschichte der deutschen Uhrmacherei verwurzelt, und dies seit fast 100 Jahren, in denen STOWA ununterbrochen Uhren fertigt. Wir bauen noch heute Modelle, die auf historischen Entwürfen aus den 1930er- und 1940er-Jahren basieren, etwa unsere Fliegeruhren oder Bauhaus-inspirierten Klassiker. Dabei greifen wir auf ein über Jahrzehnte gewachsenes Archiv und technisches Know-how zurück – kombiniert mit modernen Fertigungsmethoden.

Diese Kombination aus Geschichte, technischer Kompetenz und direkter Kundenorientierung macht uns in dieser Form einzigartig.

 

Uhrmacher bei der präzisen Arbeit an einem Uhrwerk, umgeben von Werkzeugen und Materialien.

 

Ist das, was Sie tun, typisch für Ihre Region? Prägt das regionale Umfeld Sie und Ihre Tätigkeiten?

Ja, definitiv. Wir sind im Schwarzwald zuhause – einer Region mit langer Tradition in der Uhrmacherei und feinmechanischen Industrie. Besonders Pforzheim hat eine lange Historie und Tradition im Schmuck- und Uhren-Handwerk. Diese Umgebung hat unsere Arbeit und unser Selbstverständnis stark geprägt. Der Schwarzwald steht seit Jahrhunderten für Präzision, handwerkliches Können und Erfindergeist – Werte, die wir täglich in unserer Manufaktur leben.

Die Ruhe, Naturverbundenheit und Bodenständigkeit der Region spiegeln sich auch in unseren Produkten wider: klare Gestaltung, funktionale Ästhetik und langlebige Technik statt kurzlebiger Modetrends. Wir fühlen uns der Region und ihrem uhrmacherischen Erbe eng verbunden und tragen mit unserer Arbeit dazu bei, diese Tradition fortzuführen und gleichzeitig zeitgemäß weiterzuentwickeln.

 

 

Gibt es etwas, für das Ihre Region bzw. Ihr Lebensort besonders bekannt ist?

Ja – unsere Region ist seit jeher ein Zentrum deutscher Uhrmacherei. Pforzheim gilt als „Goldstadt“ und war über Jahrzehnte das Herz der deutschen Schmuck- und Uhrenindustrie. Auch der Schwarzwald steht für präzise Handwerkskunst, technische Innovation und eine lange Tradition in der Herstellung mechanischer Uhren. Diese kulturelle und industrielle Prägung ist bis heute spürbar.

 

Wo gehen Sie hin, wenn Sie entspannen wollen?

Am liebsten zu meiner Familie nach Hause – in unseren Garten, mitten in der Natur. Umgeben von Tieren und der Ruhe des Schwarzwalds finde ich dort echte Erholung. Es ist der ideale Ort, um neue Energie zu tanken und einfach mal durchzuatmen.

 

Können Sie ein Restaurant aus Ihrem Umfeld besonders empfehlen?

Ich empfehle die SP6 Strandbar in Pforzheim – eine echte urbane Oase auf einem Parkdeck. Mit Sand unter den Füßen, Liegestühlen, Palmen und einem traumhaften Blick auf den Sonnenuntergang schafft sie echtes Urlaubsfeeling mitten in der Stadt. Die Atmosphäre ist entspannt, ungezwungen und perfekt für einen sommerlichen Abend – das Essen und der Service sind sehr gut.

 

Gibt es einen speziellen Einzelhandelsladen, den Sie empfehlen können, den es nur in Ihrem Ort (oder in der Region) gibt?

Ich empfehle „Unverpackt Pforzheim“, das einzige Geschäft seiner Art in unserer Stadt. Es bietet ein breites Sortiment an Lebensmitteln, Kosmetik und sogar Kleidung – ganz ohne Verpackung. Kunden bringen eigene Gläser oder Dosen mit und können genau die Menge abfüllen, die sie brauchen. Das reduziert Müll und fördert den bewussten Umgang mit Ressourcen – ganz im Sinne regionaler und nachhaltiger Werte.

 

Haben Sie das Gefühl, dass die Politik mehr für Sie bzw. Ihre Branche tun könnte? Wenn ja, was?

Da wir fast ausschließlich direkt an Endkunden verkauft – auch international –, spüren wir sehr deutlich, wie aufwendig und kompliziert der Versand in bestimmte Länder sein kann. Zollabwicklungen, steuerliche Fragen und bürokratische Hürden kosten viel Zeit und Ressourcen. Gerade bei kleineren Betrieben ohne eigene Exportabteilung entsteht hier ein erheblicher Mehraufwand. Vereinfachte Prozesse, digitale Lösungen oder eine zentrale Anlaufstelle im Exportgeschäft wären eine große Hilfe.

 

Elegante graue Armbanduhr mit schwarzem Lederarmband, römischen Ziffern und blauen Akzenten auf einem silbernen Untergrund.

 

Wie ist die Ausbildungssituation in Ihrem Bereich? Finden Sie leicht Nachwuchs? Was vermissen Sie?

Die Ausbildungssituation im klassischen Uhrmacherhandwerk ist leider zunehmend herausfordernd. Gute Nachwuchskräfte zu finden wird schwieriger – sowohl was die Anzahl der Bewerbungen als auch die handwerkliche Grundqualifikation betrifft.

Viele jungen Menschen wissen gar nicht mehr, dass es den Beruf des Uhrmachers überhaupt noch gibt – oder welche spannenden Möglichkeiten er heute bietet. Hier fehlt es an öffentlicher Sichtbarkeit und gezielter Förderung.

 

 

Welches Schulfach sollte es geben, das es noch nicht gibt?

Ein Schulfach zu unternehmerischem Denken und persönlichem Umgang mit Geld wäre sehr sinnvoll – nicht nur für angehende Selbstständige, sondern auch für Arbeitnehmer. Es sollte vermitteln, wie Wirtschaft funktioniert, wie man verantwortungsvoll mit Geld umgeht und wie man Chancen erkennt und eigenverantwortlich handelt. Solche Kompetenzen fehlen oft – dabei sind sie im Berufs- und Alltagsleben zentral.

 

 

Wenn Sie für ein Jahr Bürgermeister/in Ihrer Stadt oder Landrat/Landrätin in Ihrem Landkreis wären: Was würden Sie einführen oder ändern?

Ich würde den Glasfaserausbau und die technische Infrastruktur konsequent vorantreiben – besonders in Industrie- und Gewerbegebieten. Für Unternehmen ist eine leistungsfähige digitale Anbindung heute genauso wichtig wie Strom und Wasser. Ohne stabile Netze wird es schwer, international wettbewerbsfähig zu bleiben.

 

Vier Vintage-Fliegeruhren mit schwarzem Zifferblatt und braunem Lederarmband auf einer dunklen Holzoberfläche.

 

Wenn Geld oder andere Abhängigkeiten keine Rolle spielen würden: Wo würden Sie am Liebsten leben?

Tatsächlich genau dort, wo ich jetzt lebe – ich fühle mich hier sehr verwurzelt. Die Heimat, die regionale Kultur und die Nähe zur Natur bedeuten mir viel.

Wenn ich rein nach dem Klima gehen würde, wären Inseln in der Karibik, wie Barbados, im indischen Ozean, wie Mauritius mein persönlicher Traum – Sonne, Meer und tropische Wärme haben natürlich ihren Reiz. Aber trotz aller Träume weiß ich die Lebensqualität, Sicherheit und Verlässlichkeit hier in Deutschland und der Region sehr zu schätzen.

 

 

Tempus Arte GmbH & Co. KG – STOWA
Rastatter Str. 29
75179 Pforzheim

 

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Instagram: @stowawatches