Bürstenfabrik Keller

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Inmitten des Südschwarzwalds, wo Handwerk seit Jahrhunderten fest verwurzelt ist, führt Johannes Keller, zusammen mit seinen Eltern und seinem Bruder, die traditionsreiche Bürstenfabrik Keller – nunmehr in der sechsten Generation. Seit über 150 Jahren fertigt die Familie in Todtnau ihre Produkte.

Ob Holz oder Kunststoff, Naturborsten oder synthetische Borsten: Bei der Auswahl der Rohmaterialien setzt das Unternehmen auf Regionalität und natürlichen Ursprung. In der Fabrik entstehen unter anderem Bürsten für die Tierpflege, für professionelle Haarsalons aber auch für den privaten Haushalt. Veredelungen, wie etwa Schriftzügen auf den Bürsten, werden nur mit wasserbasierten Lacken aufgebracht. Alle verwendeten Öle sind vegan, alle Wachse ökologisch unbedenklich. Doch in Zukunft will das Unternehmen auf rein vegane Alternativen setzen.

Johannes Keller und sein Bruder Philip bringen als jüngste Generation auch neue Perspektiven ein – ohne dabei den Blick für Herkunft und Handwerkstradition zu verlieren. Profitsteigerung und unendliches Wachstum stellen dabei für beide kein erstrebenswertes Ziel dar. Vielmehr wollen sie das Wissen über ihr Handwerk bewahren und Arbeitsplätze in einer eher strukturschwachen Region erhalten.

Aber nicht nur in Sachen Personal denkt das Unternehmen weitsichtig. Auch Nachhaltigkeit ist ihnen wichtig. So wird etwa der komplette Wärmebedarf für Heizung und Holztrocknung mit den anfallenden Holzspänen, die während der Produktion entstehen, gedeckt. Späne, die sie nicht für den Eigenbedarf benötigen, werden zu Holzpellets gepresst und verkauft.

 

 

Was bieten Sie Ihren Kunden? Was suchen Kunden (aus Ihrer Sicht) bei Ihnen?

Wir produzieren hochwertige Bürsten aus Holz. Insgesamt haben wir ein Spektrum von ca. 1200 verschiedenen Bürsten. Diese verteilen sich auf die Kategorien Haarbürsten, Körperbürsten, Tierbürsten und Haushaltsbürsten. Dabei wird bei uns das Urhandwerk des Bürstenmachers ausgeübt. Die Bürsten werden komplett von Hand gefertigt. Das Stirneinzugsverfahren ist ein uraltes Handwerk, dass schon vor vielen Jahrzehnten von meinen Vorfahren praktiziert wurde. Wir können unsere Bürsten sowohl mit modernen Arbeitstechniken als auch mit dem traditionellen Handwerk in der Manufaktur herstellen. Kunden aus aller Welt suchen bei uns genau das. Zum einen die modernen Designs – gepaart mit höchster Qualität in Material und Verarbeitung – als auch Einzelstücke mit zeitlosem Design aus unserer Manufaktur. Alles made in Germany.

 

 

Was können Sie besser als andere? Oder bescheidener gefragt: Haben Sie bzw. Ihr Unternehmen eine Art Alleinstellungsmerkmal oder besondere Kenntnisse, die ggf. selten sind?

Ob wir etwas besser oder schlechter machen, sollen andere bewerten. Es gibt einige Punkte die uns vielleicht von anderen unterscheiden. Zum einen können wir die komplette Fertigungstiefe bei uns in Todtnau abbilden. Es kann also jeder Arbeitsschritt, von der Bearbeitung des rohen Holzes bis zur Veredelung der Bürste, bei uns im Haus durchgeführt werden. Zusätzlich haben wir Schwarzwälder schon immer einen Drang dazu unsere Ressourcen möglichst sinnvoll und effizient einzusetzen. Die Grundlagen dafür wurden schon Generationen vor mir geschaffen. So können wir beispielsweise die Sägespäne, die bei der Produktion der Rohlinge anfallen, dafür nutzen, um Produktion und Verwaltung zu beheizen. Daher sind wir nahezu komplett unabhängig von externen Wärmequellen. Gleichzeitig ist Gewinnmaximierung und unendliche Expansion kein erstrebenswertes Ziel von uns. Wir möchten die Arbeitsplätze in einer eher strukturschwachen Region erhalten und neue Fachkräfte aus- und weiterbilden und an die Region binden. Es sind also nicht nur die Materialien, die Verarbeitung und die Qualität sondern auch die Vision, der Blick hinter die Kulissen und unsere gelebten Werte, die unsere Bürsten zu etwas besonderem machen.

 

 

Ist das, was Sie tun, typisch für Ihre Region? Prägt das regionale Umfeld Sie und Ihre Tätigkeiten?

Todtnau ist unser historischer Standort seit der Gründung 1869. Zu Spitzenzeiten gab es mehr als 35 verschiedene Bürstenfabriken alleine in unserem 5000 Seelen Dorf. Heute sind noch vier davon übrig. Jeder hat dabei seine Nische gefunden. Zusätzlich gibt es noch Maschinenbauer die auf die Herstellung von Bürstenmaschinen spezialisiert sind. Todtnau wird damit auch heute noch von der Bürstenindustrie geprägt.

 

 

Gibt es etwas, für das Ihre Region bzw. Ihr Lebensort besonders bekannt ist?

Bollenhut, Kuckucksuhren, dunkle Wälder, tiefe Täler, schöne Berge. Von den unzähligen schönen Berggipfeln wie Feldberg, Herzogenhorn, Belchen oder Schauinsland kann man bei gutem Wetter das Elsaß, die Vogesen und die schneebedeckten Alpen sehen. Ein Traum für jeden Wanderfreund. Es gibt wenige Orte oder Regionen an denen man morgens Ski fahren (Feldberg) und nachmittags im Freibad liegen kann (Freiburg). Zugegeben, das ist schon ein paar Jahre her, aber es ist tatsächlich so bei mir vorgekommen. Außerdem haben wir einen der höchsten Wasserfälle Deutschlands, den man über eine spektakuläre Hängebrücke queren kann. Und natürlich das Bürstenhandwerk. Es gibt mehrere ansäßige Bürstenfabriken, ein Bürstenmuseum und allgemein ist das Thema Bürsten omnipräsent in der Stadt, egal ob bei Einzelhändlern, Wanderwegen oder über verschiedene Infotafeln.

 

Wo gehen Sie hin, wenn Sie entspannen wollen?

In die Berge. Ich genieße die wunderbare Aussicht direkt vor der Haustüre. Wenn ich mehr Zeit zur Verfügung habe, dann auch gerne in die Alpen oder weiter weg. Auf jeden Fall in die Berge.

 

Können Sie ein Restaurant aus Ihrem Umfeld besonders empfehlen?

Das Restaurant im Hotel Halde ist super. Meine Lieblingspizzeria ist Strombolicchio in Freiburg. Zu empfehlen ist auch das Drexlers in Freiburg.

 

Gibt es einen speziellen Einzelhandelsladen, den Sie empfehlen können, den es nur in Ihrem Ort (oder in der Region) gibt?

Den TodtNOW Concept Store. Dort gibt es alles was das Bürstenherz begehrt. Außerdem noch weitere regionale und überregionale Produkte in tollen Designs.

 

Haben Sie das Gefühl, dass die Politik mehr für Sie bzw.
Ihre Branche tun könnte? Wenn ja, was?

Brandschutz. Wir sind ein holzverarbeitender Betrieb. Die Auflagen dafür sind extrem hoch und steigen immer weiter. Es braucht nicht mehr viel, dann wird das Betreiben der Hölzerverarbeitung unrentabel.

Der Klassiker: Bürokratie abbauen. Es muss mehr Netto vom Brutto bleiben. Ansonsten wird der Wirtschaftsstandort Deutschland in den nächsten Jahren, mit weiterhin vielen produzierenden Unternehmen, nicht mehr konkurrenzfähig sein.

 

 

Wie ist die Ausbildungssituation in Ihrem Bereich? Finden Sie leicht Nachwuchs? Was vermissen Sie?

Wir bilden aktuell sieben Personen in den Bereichen Lagerlogistik, Industriekaufmann/-frau und in dem Studium Wirtschaftspsychologie aus.
Wir sind in der glücklichen Situation das wird aktuell mehr qualifizierte Bewerbungen als Ausbildungsplätze haben. Ich bin gespannt, wie sich das in Zukunft verändern wird.

Aber ich vermisse die nächste Weiterentwicklung bei der Schulbildung bzw. bei dualen Studiengängen. Ich bin ein großer Freund der dualen Studiengängen. Leider haben sich die Studiengänge und die Inhalte nur sehr wenig weiterentwickelt und ist meiner Meinung nach nicht mehr so praxisnah wie sie eigentlich sein sollten.

 

 

Welches Schulfach sollte es geben, das es noch nicht gibt?

Steuern bzw. Finanzen. Steuern sind richtig und wichtig. Oft hat das Thema Steuern keinen guten Ruf und wird oft mit negativem verbunden. Es sollte da (spielerisch) aufgeklärt werden, wieso und weshalb es welche Steuerart gibt und wie man eine Steuererklärung ausfüllt… Außerdem finde ich, dass die finanzielle Bildung viel zu kurz kommt in Deutschland.

 

 

Wenn Sie für ein Jahr Bürgermeister/in Ihrer Stadt oder Landrat/Landrätin in Ihrem Landkreis wären: Was würden Sie einführen oder ändern?

Die Förderung der dezentraler Stromproduktion und -speicherung inkl. Pflichtumrüstung auf smarte Stromzähler für alle Haushalte und Industrie.
Und ein autofreies Städli (Marktplatz) in Todtnau.

 

 

Wenn Geld oder andere Abhängigkeiten keine Rolle spielen würden: Wo würden Sie am Liebsten leben?

Es gibt unglaublich viele schöne Ort auf dieser Erde. Besonders beeindruckend finde ich unter anderem die Lofoten, die Alpen, Neuseeland oder Südtirol. Ob das dauerhaft etwas wäre?! Spekulation. Zeitweise oder saisonweise kann ich mir das vorstellen. Der Schwarzwald ist und bleibt meine Heimat. Hier habe ich alles was ich zum glücklich sein brauche. Familie, Freunde, wunderbare Natur und den SC Freiburg.

 

Bürstenfabrik Keller GmbH
Johann-Baptist-Keller-Str. 1
79674 Todtnau

WEBSEITE: Bürstenfabrik Keller